Nach Feststellung der Europäischen Kommission führt die zunehmende Verwendung nicht interoperabler Normen für elektronische Rechnungen zu Marktzutrittsschranken und Handelshemmnissen. Daher hat die EU mit der Richtlinie 2014/55/EU dem Europäischen Normierungsgremium CEN einen Auftrag zur Entwicklung einer Europäischen Norm erteilt und ihre Mitgliedsstaaten zum Empfang und Verarbeitung elektronischer Rechnungen für öffentliche Aufträge im Bereich oberschwelliger (EU-weit auszuschreibender) Vergaben ab Ende 2018 bzw. Ende 2019 (subzentrale Auftraggeber, d.h. Bundesländer und Kommunen) verpflichtet. Die Richtlinie ist dazu in nationales Recht umzusetzen.
Zur koordinierten nationalen Umsetzung der EU-Richtlinie und Ausgestaltung der Regelungslücken hat der IT-Planungsrat die Koordinierungsstelle für IT-Standards (KoSIT) – organisatorisch der Senatorin für Finanzen der Freien Hansestadt Bremen zugeordnet – mit der Durchführung eines Steuerungsprojekts unter gemeinsamer Federführung des Bundesministeriums des Innern und der Freien Hansestadt Bremen beauftragt. Im Ergebnis hat der IT-Planungsrat am 22. Juni 2017 den nationalen Standard XRechnung, der als Anwendungsrichtlinie die Europäische Norm konkretisiert, als maßgeblich für die Umsetzung der EU-Richtlinie in Deutschland beschlossen.
Aufgrund des föderalistischen Staatsaufbaus Deutschlands ist eine Überführung der EU-Richtlinie in nationales Recht jeweils durch den Bund und die 16 Länder zu vollziehen. Die Umsetzung wird im Rahmen des Steuerungsprojekts abgestimmt.
In Bremen wird äquivalent zur Umsetzung beim Bund die elektronische Rechnung im Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung in Bremen, oder auch E-Government-Gesetz (BremEGovG) normiert. § 4 Abs. 2 des BremEGovG bestimmt die Verpflichtung der öffentlichen Auftraggeber zum Empfang und zur Verarbeitung von E-Rechnungen im oberschwelligen sowie im unterschwelligen Bereich. Damit geht die Regelung in Bremen - wie auch beim Bund - über die der EU-Richtlinie hinaus, da eine Begrenzung auf den oberschwelligen Bereich für Lieferanten und öffentliche Verwaltung unwirtschaftlich ist sowie durch unterschiedliche Rechnungsbearbeitungsprozesse zu erhöhter Komplexität führt. Diese Ausdehnung trägt maßgeblich zum Ziel der bremischen Umsetzung - Effizienzsteigerung und durchgängige automatisierte Prozesse - bei. Der Anwendungsbereich erstreckt sich auf alle öffentlichen Auftraggeber der Freien Hansestadt Bremen, sowohl der Kernverwaltung als auch der öffentlich-rechtlichen sowie privatrechtlichen Beteiligungen, soweit sie unter den Begriff des öffentlichen Auftraggebers gemäß § 99 GWB fallen. Damit treibt Bremen die Digitalisierung wesentlich voran. Die Bestimmungen werden für die Kernverwaltung bereits am 27. November 2018 in Kraft treten und damit ein Jahr vor der Umsetzungsverpflichtung durch die EU-Richtlinie. Den sonstigen öffentlichen Auftraggebern wird eine um ein Jahr verlängerte Umsetzungsfrist bis zum 27. November 2019 gewährt.
Die weiteren Einzelheiten werden durch die auf Basis einer Verordnungsermächtigung im BremEGovG vom Senat erlassene Verordnung über die elektronische Rechnung (E-Rechnungs-VO) geregelt. Der Geltungsbereich erfasst alle Geschäfte, bei denen eine Eingangsrechnung an einen öffentlichen Auftraggeber erteilt wird. Ausnahmen gelten nur für sogenannte Direktkäufe (Beschaffungen bis 1.000 € netto außerhalb eines Rahmenvertrages). Da die EU-Richtlinie nur die öffentlichen Auftraggeber zur Annahme verpflichtet, jedoch keine Regelung für die Auftragnehmer vorsieht, ist in der Verordnung eine Verpflichtung der Auftragnehmer zur Ausstellung und Übermittlung elektronischer Rechnungen im Standard XRechnung enthalten. Erfahrungen in anderen Ländern, wie etwa Dänemark, haben gezeigt, dass nur durch eine Verpflichtung der nötige Umstellungsdruck für die digitale Transformation erzeugt werden kann. Eine solche Verpflichtung der Auftragnehmer wird nach der Verordnung ab 27. November 2020 greifen. Die auftraggeberseitige IT-Infrastruktur für den Empfang und die Verarbeitung strukturierter Datensätze wird von der Senatorin für Finanzen zentral bereitgestellt. Damit wird ein einheitliches „Eingangstor“ für Bremen geschaffen. Die Nutzung wird für alle öffentlichen Auftraggeber im Geltungsbereich der Rechtsverordnung verpflichtend.